Direkt zum Inhalt

VDI Research

Schwerpunktthemen in nationalen Technologieprognosen und Zukunftsstudien

Die neue VDI Research Publikation gibt einen Überblick über zukünftige Schwerpunktthemen und Technologieprognosen aus dem Ausland. 

Publikation herunterladen

Die steigende Komplexität von Innovationsprozessen, die Beschleunigung der Innovationszyklen und der zunehmende internationale Wettbewerbsdruck stellen Regierungen, internationale Organisationen und Unternehmen vor neue Herausforderungen. Sie müssen sich kontinuierlich neu orientieren und schnell auf aktuelle Entwicklungen reagieren. Aus diesem Grund ist die Bedeutung öffentlicher Technologieprognosen und Zukunftsstudien in den letzten Jahren ständig gewachsen, denn sie die geben Einblick in die Zukunftseinschätzungen der jeweiligen regionalen, nationalen und
supranationalen Akteure.

Dieses VDI-Research-Paper1 gibt eine statistische Übersicht über Schwerpunktthemen einzelner Länder und Weltregionen sowie einen vergleichenden Überblick über thematische Schwerpunkte aktuell bedeutender Technologieperspektiven aus dem Ausland.

Dieses Wissen kann Entscheidungsträgern in Deutschland und darüber hinaus bei der Identifizierung wichtiger Themen für wissenschaftliche, technologische sowie forschungs- und innovationspolitische Entscheidungen helfen. Für diese Analyse wurden insgesamt 118 nationale Zukunftsstudien aus 19 Ländern herangezogen, die im Betrachtungszeitraum 2016 bis 2022 veröffentlicht wurden.2 Diese umfassen sieben Staaten der Europäischen Union (EU) (Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Lettland, Malta, Österreich) und zwölf Nicht-EU-Staaten (Australien, Indien, Japan, Kanada, Malaysia, Norwegen, Russland, Saudi-Arabien, Schweiz, Südkorea, das Vereinigte Königreich (UK) und die USA). Zusätzlich wurden 22 Zukunftsstudien von EU-Institutionen berücksichtigt.

Übersicht nationaler Zukunftsstudien zwischen 2016 bis 2022

Um die inhaltlichen Schwerpunkte der Zukunftsstudien verschiedener Länder miteinander vergleichen zu können, wurden Themenprofile erstellt, die als „nationaler thematischer Fingerabdruck“ bezeichnet werden können. Dafür wurden die Inhalte der Studien anhand eines einheitlichen Analyserasters strukturiert erfasst.3

Hieraus wurden drei Indikatoren abgeleitet: Die Studien-Intensität als Maß, wie intensiv ein Land Zukunftsstudien betreibt; die Themen-Breite, als Indikator für die thematische Breite die Zukunftsstudien eines Landes; die Themen-Intensität als Indikator für die Intensität der Betrachtung einzelner Themen in Gruppen von Ländern.

Studien-Intensität im nationalen Innovationskontext

Das Land mit der höchsten Studien-Intensität sind die USA, gefolgt von Australien, Österreich, Norwegen und UK. In einer explorativen Datenanalyse wurden in einer Punktewolke die nationale Studien-Intensität und die Forschungsquote der betrachteten Länder gegenübergestellt.

Die Abbildung zeigt eine moderate Korrelation.4 Zur visuellen Orientierung ist die gerechnete Ausgleichsgerade eingezeichnet, wobei die Hypothese eines linearen Zusammenhangs allerdings verworfen werden müsste. Dieser Zusammenhang lässt sich in dem Sinne interpretieren, dass eine höhere Aktivität im Bereich von Foresight- und Zukunftsstudien tendenziell in Ländern mit einem größeren und stärker ausdifferenzierten Forschungssektor zu beobachten ist.

Themen-Breite im internationalen Vergleich

Wie die Abbildung 3 darstellt, haben Finnland und Japan alle 14 Themenfelder detailliert behandelt, während Dänemark und Estland eine starke Konzentration auf wenige Themenfelder zeigen, wobei diese Themenfelder auch in anderen Ländern von großer Bedeutung sind.

Das Themenfeld Gesellschaft, Kultur und Bildung wird von allen untersuchten Ländern behandelt. Den Themen Digitalisierung, Arbeit und Wertschöpfung sowie Gesundheit, Lifestyle und Ernährung wird ebenfalls große Bedeutung beigemessen.

Die Themen Nachhaltigkeit, Umwelt und Klima sowie Energie werden von zwei der 19 Länder nicht aufgegriffen, während das Thema Meerestechnik und Schifffahrt nur in Großbritannien, Kanada, Norwegen, Finnland und Japan einen Schwerpunkt darstellt. Es ist bemerkenswert, dass das Thema Verteidigung und Sicherheit im Betrachtungszeitraum eine untergeordnete Rolle spielt.

Vergleiche anhand der Themen-Intensität

Folgende Beobachtungen lassen sich zur Themen-Intensität festhalten: Es gibt eine Gruppe von sechs Themenfeldern mit der höchsten Themen-Intensität, die sich sowohl bei den EU-als auch bei den Nicht-EUStaaten deutlich von den anderen Themenfeldern abhebt. Innerhalb dieser Gruppe gibt es jedoch Unterschiede.

Die Themen Gesellschaft, Kultur und Bildung, Digitalisierung sowie Arbeit und Wertschöpfung gehören sowohl bei den EU- als auch bei den Nicht-EU-Ländern zu den Top-5-Themen, was darauf hinweist, dass der erwartete Einfluss der Digitalisierung auf die Gesellschaft und die Arbeitswelt einen größeren Bedarf an Zukunftsreflexion auslöst.

Bei den EU-Staaten belegen die Themenfelder Nachhaltigkeit, Umwelt und Klima sowie Energie die Plätze 5 und 6, während sie bei den Nicht-EU-Staaten die Plätze 1 und 4 einnehmen. Insgesamt zählt das Thema Nachhaltigkeit, Umwelt und Klima zu den Top 5 der wichtigsten Themen.

Es gibt insgesamt fünf Themenfelder mit niedrigerer Themen-Intensität, die in allen drei betrachteten Ländergruppen den gleichen Rang einnehmen. Diese Themenfelder sind Biotechnologie, Materialtechnik, Luft- und Raumfahrt, Verteidigung und Sicherheit sowie Meerestechnik und Schifffahrt.

Themen-Breite im nationalen Innovationskontext

In der explorativen Datenanalyse wurden auch die Indikatoren Themen-Breite und Bruttoinlandsprodukt gegenübergestellt. Die Abbildung zeigt eine ebenfalls moderate Korrelation,5 die in dem Sinne verstanden werden kann, dass Länder mit einem höheren Bruttoinlandsprodukt (BIP) tendenziell auch eine größere thematische Breite in der technologischen Zukunftsbetrachtung aufweisen.

Fazit

Es gibt eine Spitzengruppe von sechs Themenfeldern, deren Intensität sich in den untersuchten Zukunftsstudien fast einheitlich von den übrigen abhebt: Gesellschaft, Kultur und Bildung; Digitalisierung; Arbeit und Wertschöpfung; Nachhaltigkeit, Umwelt und Klima; Gesundheit, Lifestyle, Ernährung und Energie.

In diesen internationalen Konsens über Zukunftsthemen reiht sich auch Deutschland ein: Fünf dieser sechs Zukunftsfelder zählen auch im Foresight-Prozess des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zu den wichtigsten Forschungs- und Innovationsthemen der Zukunft, wenngleich mit unterschiedlicher Rangfolge6: Die größte Abweichung besteht bemerkenswerterweise beim Thema Energie.

Auffällig ist hier die geringe Bedeutung, die dem Thema „Energie“ im deutschen Foresight-Prozess beigemessen wird. Diese Beobachtung wird auch durch die Tatsache gestützt, dass es zum Themenfeld Energie keine eigenständige Mission in der Zukunftsstrategie7 des BMBF gibt, sondern Energie lediglich als Teilaspekt anderer Missionen eingeordnet wird. Dies ist angesichts der internationalen Debatten um die Diversifizierung der Energiequellen und Versorgungswege und der deutschen Vorreiterposition bei der „Energiewende“ eine überraschende Erkenntnis.

Ihre Ansprechpersonen

VDI Research

Prof. Dr. Dr. Axel Zweck
Dr. Dirk Holtmannspötter
Dr. Sylvie Rijkers-Defrasne
Dr. Anette Braun
E-Mail: rijkers@vdi.de

Quellen und weiterführende Links

1 Die Ergebnisse und Analysen, die dieser Artikel präsentiert, sind Teil eines laufenden Forschungsprozesses, bei dem
internationale Technologieprognosen und Zukunftsstudien gesammelt und analysiert werden. Die Ergebnisse einer
inhaltlichen Meta-Analyse werden im weiteren Verlauf des Jahres veröffentlicht.

2 Grundlage hierfür ist die in 2022 erschienene Publikation VDI Technologiezentrum, Band 107 (2022): Internationale Technologieprognosen & Zukunftsstudien in der Übersicht und die darin dargestellte Suchmethode.

3 Das zugrunde gelegte Analyseraster umfasst 14 Themenfelder: Energie; Materialtechnik; Basistechnologien der Digitalisierung; Biotechnologie; Arbeit und Wertschöpfung; Gesundheit, Lifestyle, Ernährung; Nachhaltigkeit, Umwelt und Klima; Bauen und Wohnen; Verteidigung und Sicherheit; Mobilität und Verkehr; Meerestechnik und Schifffahrt; Luft- und Raumfahrt; Digitalisierung; Gesellschaft, Kultur und Bildung.

4 Mit einem Korrelationskoeffizienten größer 0,5.

5 Auch in diesem Beispiel mit einem Korrelationskoeffizienten größer 0,5. Die gerechnete Ausgleichsgerade ist zur visuellen Orientierung eingezeichnet, wobei die Hypothese eines linearen Zusammenhangs verworfen werden müsste.

6 BMBF (2022) Vorausschau – Themenblaetter Runde 1 bis 3

7 BMBF (2022) Zukunftsstrategie Forschung und Innovation - BMBF

VDI Research

Schwerpunktthemen in nationalen Technologieprognosen und Zukunftsstudien

Die neue VDI Research Publikation gibt einen Überblick über zukünftige Schwerpunktthemen und Technologieprognosen aus dem Ausland. 

Publikation teilen

Weitere Publikationen